Die Mikwe

Wohl schon gleichzeitig mit der Synagoge oder kurz danach dürfte südlich der Synagoge eine Mikwe entstanden sein. In ihr nahmen die Juden die rituellen Reinigungen vor. Schon 1833 aber entsprach das Bad nicht mehr den Anforderungen. Es wurde Klage geführt: "[...] auch ist der Badkasten gerissen und haltet das Wasser nicht mehr". Ab 1835 ließ das Oberamt Haigerloch Pläne über eine "bessere Einrichtung des Judenbades" ausarbeiten. Spätestens seit 1845 stand eine neu errichtete Mikwe an der Südwestseite der Synagoge zur Verfügung.

Hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse teilte die Mikwe jeweils das Schicksal der Synagoge. 1939 wurde sie von der Stadt zusammen mit der Synagoge gekauft. Nach dem Weltkrieg an die Israelitische Kultusvereinigung Württemberg gelangt, kam sie durch Kauf 1951 in Privatbesitz. Bis zum Jahr 1999 wurde das kleine Gebäude für Heizzwecke genützt.

Die jüdische Volksschule (1823 – 1939)

Vor 1823 gab es in Hohenzollern kein geordnetes jüdisches Schulwesen. Nur Wanderlehrer, Rabbiner oder Vorsänger erteilten den jüdischen Kindern einen aus heutiger Sicht zumeist völlig unzureichenden Unterricht. Erst durch das "Judengesetz" vom 9.8.1837 wurde die allgemeine Schulordnung auch auf die jüdischen Gemeinden in Sigmaringen-Hohenzollern übertragen. Die Lehrer hatten sich einer Staatsprüfung zu unterziehen und wurden von der Regierung ernannt.

Bereits 1823 hatte Salomon Neuburger, der 1822 die Prüfung in Rottweil abgelegt hatte, mit Unterstützung der Regierung in Haigerloch eine jüdische Elementarschule eingerichtet, die noch im gleichen Jahr staatlich anerkannt wurde. Die jüdische Schule befand sich zunächst über der Wohnung des Vorsängers in einem an die Synagoge angebauten Haus. Dieses musste der Synagogenerweiterung von 1839/1840 weichen. Der Schulraum war für die Zahl der Kinder viel zu klein. Belüftung und Heizung waren völlig unzureichend. Im Winter ließen sich die zugefrorenen Fenster oft wochenlang nicht öffnen. Von 1844 bis 1876 befand sich die jüdische Schule in dem neu errichteten jüdischen Gemeindehaus. Von 1876 bis 1938 hatte die Schule ein eigenes Schulzimmer neben der katholischen und der evangelischen Schule im Rathaus. 1938 wurde sie in das jüdische Gemeindehaus zurückverlegt. Mit Wirkung vom 1.10.1939 wurde die jüdische Volksschule durch den Regierungspräsidenten der Hohenzollerischen Lande aufgehoben. Mit Genehmigung der Geheimen Staatspolizei wurden die Schulgegenstände im Namen der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland durch die Jüdische Kultusvereinigung Württemberg im Juni 1942 für 20 Reichsmark verkauft.

1924 hatten noch 22 Schüler die jüdische Schule besucht, 1938 waren es noch neun und 1939 nur noch fünf Schüler. Ihren Höchststand hatte die Schule 1858 mit 90 Schülern erreicht. Erster ausgebildeter Lehrer war Samuel Neuburger (1823–1846), ihm folgten bis 1857 Rabbiner Maier Hilb und Provisor Berthold Neuburger. Die weiteren Lehrer waren Leopold Rosenstrauß (1857–1860), Meier Jakobi (1860–1878), Levi Speyer (1879–1907), Wilhelm Kahn (1907–1908), Louis Wallach (1908–1924) und Gustav Spier (1924–1939). Er wurde zum 30.6.1939 in den Ruhestand versetzt, 1941 nach Riga deportiert und ging an den furchtbaren Lagerbedingungen zugrunde. Auch seine Frau, sein Sohn und seine Eltern wurden in den Konzentrationslagern ermordet. Lediglich seine Tochter konnte im Februar 1939 nach England emigrieren. Sie lebt heute in Israel.

Ein geplantes Lehrhaus (Beth-Hamidrasch)

Gegen Ende der 1860er Jahre plante Jakob Regensburger, ein Mitglied der Jüdischen Gemeinde Haigerloch, am Ort ein talmudisches Lehrhaus (Beth-Hamidrasch) aufzubauen. Hier sollten junge jüdische Männer eine theologische Ausbildung erhalten, als Vorstufe einer späteren Tätigkeit im Rabbineramt. Die Gründungsvorbereitungen waren abgeschlossen und die Zustimmung der Behörden lag vor, als ein plötzlicher Tod den Initiator ereilte. Damit kam das Projekt nicht mehr zur Ausführung.

Das Rabbinat Haigerloch (1820 – 1894)

Bereits im 17. Jahrhundert wird in Haigerloch ein Rabbiner erwähnt, der gleichzeitig auch Rabbiner in Hechingen war. Im 18. Jahrhundert unterstand die jüdische Gemeinde dem Rabbinat in Mühringen. Der Schutzbrief von 1780 stellte den Rabbiner oder Vorsänger von allen herrschaftlichen Abgaben frei. 1784 wurde Haigerloch von dem Rabbiner aus Hechingen versorgt. Mit Raphael Zivi hatte die Jüdische Gemeinde den ersten eigenen Rabbiner. Er war als „Unterrabbiner" dem Rabbinat Hechingen unterstellt und betrieb nebenher ein Gasthaus.

1820 wurde in Haigerloch ein eigenständiges Rabbinat errichtet, zu dem seit 1821 auch die Jüdische Gemeinde Dettensee gehörte. Erster Rabbiner war Raphael Zivi (1820–1836). Ihm folgte Rabbiner Maier Hilb (1836–1880), ein Freund und Studienkollege Berthold Auerbachs. Er hatte die Talmudschule in Hechingen besucht und an den Universitäten Heidelberg und Tübingen seine wissenschaftliche Ausbildung erhalten. Nach ihm amtierten als Rabbiner Dr. Joseph Ignatz Spitz (1880–1888) und Dr. Aron Wolf (1888–1894).

Ab 1894 war die Rabbinerstelle nicht mehr besetzt . Die Aufgaben des Rabbiners waren dem jeweiligen Lehrer der jüdischen Schule übertragen. Sie waren "organisch" mit der Lehrerstelle verbunden, der jeweilige Lehrer war zugleich Vorbeter und Rabbinatsverweser. Dies waren Lehrer Levi Speyer (1894-1907), Lehrer Louis Wallach (1908-1924) und Lehrer Gustav Spier (1924-1941). In rituellen Zweifelsfällen sollte der Bezirksrabbiner von Mühringen entscheiden. Wo das Rabbinat ursprünglich räumlich untergebracht war, ist nicht bekannt. Es liegt aber nahe, dass es in der Wohnung des jeweiligen Rabbiners seinen Raum hatte.

Kultuspersonal

Neben dem Rabbiner gab es einen Vorsänger (bereits 1762 erwähnt), den Vorbeter und einen Synagogendiener. Der Vorsängerdienst war häufig mit dem Dienst als Schullehrer verknüpft. Als Synagogendiener war Louis Kappenmacher bekannt, der über Jahrzehnte dieses Amt ausübte.

Das jüdische Gemeindehaus

Um den unzureichenden räumlichen Verhältnissen der Schule abzuhelfen, genehmigte die fürstliche Regierung 1841 den Neubau eines dreistöckigen Hauses: Im Erdgeschoss sollte die Schule untergebracht werden, die beiden darüber liegenden Stockwerke waren für die Wohnungen des Rabbiners und des Lehrers bestimmt. 1844 war das Gebäude bezugsfertig. Nach der Auslagerung der jüdischen Schule in das Rathaus waren in dem Haus die Wohnung des Lehrers und Rabbinatsverwesers, sowie eine weitere Wohnung untergebracht.

Von den Verwüstungen in der Pogromnacht 1938 war auch das jüdische Gemeindehaus stark betroffen. In den letzten Jahren des Bestehens der Jüdischen Gemeinde Haigerloch 1941/1942 diente das Gebäude als "Altersheim" für die jüdischen Einwohner und zur Aufnahme zwangsweise nach Haigerloch umgesiedelter Juden aus anderen württembergischen Städten.

Nach dem Erlöschen der Jüdischen Gemeinde Haigerloch und der Auflösung der Reichsvereinigung der Juden als Rechtsnachfolgerin wurde das Gebäude vom Deutschen Reich im Juni 1943 beschlagnahmt. Bereits im Oktober 1942 waren slowenische Ansiedlerfamilien mit 310 Personen aus dem Gebiet um Zagreb und Laibach in dem nach den Deportationen der Juden leer gewordenen Haag angesiedelt worden. Auch im jüdischen Gemeindehaus waren von der SS solche Ansiedler einquartiert worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren in dem Haus vorübergehend Heimatvertriebene untergebracht. Auf gerichtlichem Wege wurde das ehemalige jüdische Gemeindehaus an die "Jewish Trust Corporation for Germany Limited" übereignet, die das Gebäude 1955 an einen privaten Eigentümer verkaufte.

Metzgerei, Armenhaus, Gemeindebackküche

Im Schutzbrief von 1780 war den Juden die Erlaubnis zum Bau einer Metzgerei erteilt worden. Das kleine Schlachthaus („Judenmetzig"), das im späteren 19. Jahrhundert an einen anderen Standort unmittelbar bei der Synagoge verlegt wurde, diente zu Zeiten des NS-Regimes als Objekt für Luftschutzübungen der Feuerwehr, nach dem Zweiten Weltkrieg als Garage und wurde 1953 abgebrochen.

Bereits 1825 gab es im Wohnviertel Haag nach den Aufzeichnungen des Feuerkatasters ein Armenhaus und eine Gemeindebackküche. Die jeweiligen Gebäude standen im Eigentum der Jüdischen Gemeinde und befanden sich in unmittelbarer Nähe der Synagoge. Das Armenhaus diente in erster Linie der Beherbergung von umherziehenden jüdischen Bettlern, die hier eine Nacht verbringen durften, da ihnen ein Kontakt zu den christlichen Einwohnern verboten war. Die Gebäude gingen später in Privatbesitz über. Einzelheiten zu diesen Einrichtungen sind noch nicht erforscht.

Jüdische Gaststätte, Mazzenbäckerei

Eine jüdische Gaststätte (zuletzt die „Rose") sowie eine Mazzenbäckerei rundeten die „Infrastruktur" des jüdischen Wohnviertels ab.